Montag, 31. Juli 2017

þingvellir - der alte Thingplatz der Isländer

Im Nationalpark þingvellir


Bei meiner "kulinarischen Rundreise am Golden Circle" im Mai 2017 bin ich von Reykjavík aus über die Nationalstraße 1 Richtung Norden und dann die Straße 36 nach þingvellir und zum See þingvallavatn gefahren.

Am ersten Parkplatz, von dem aus man eine schöne Sicht über den See þingvallavatn hat, habe ich kurz Pause gemacht und die Reste meines ofengebackenen Salzfisches vor dieser wunderbaren Kulisse fotografiert.

Gebackener Salzfisch am þingvallavatn

Von dem Aussichtspunkt bin ich dann weiter gefahren zum Parkplatz zum Tourist Center am oberen Ende der Schlucht Almannagjá ("Allmänner-Schlucht"). Ich bin über 3 Stunden hier herum gelaufen, habe mein mitgebrachtes Essen vor den verschiedenen Kulissen fotografiert - und war rundum glücklich. Ich habe nicht mal groß erstaunte Blicke kassiert, als ich meine Brúnterta, meinen Harðfiskur und mein Vínarbrauð in die Landschaft gestreckt habe.

Brúnterta in der Allmännerschlucht 

Hier in der Allmänner-Schlucht wird die Kontinental-Drift in besonderer Weise "erlebbar".

Die Lava, die wir hier heute sehen, ist etwa 9.000 bis 10.000 Jahre alt und bedeckte damals als weite Lava-Ebene in mehreren Schichten übereinander die gesamte Gegend hier.

Durch die Kraft der Plattentektonik haben sich im Laufe der Zeit hier tiefe Spalten und Risse gebildet, ein Teil der Oberfläche hat sich abgesenkt und in der ehemaligen Ebene bildete sich das Tal, das wir heute sehen. Und man muss bedenken - auch heute noch ist hier alles in Bewegung. Die eurasische und die amerikanische Kontinental-Platte driften hier jedes Jahr etwa 2 cm auseinander - manchmal mit größeren, manchmal mit kleinen Sprüngen.

Erst 2011 hat sich im Fußweg, der durch die Schlucht hinab ins Tal und zum See führt, ein Loch auf und eine tiefe Spalte, die überbrückt werden musste.

Sperrung 2012
Auch sonst tun sich hier immer wieder Risse und Spalten auf - so standen wir z.B. 2012 plötzlich vor einer Absperrung, der Durchgang durch die Allmänner-Schlucht war aus Sicherheitsgründen gesperrt worden, nachdem sich wieder ein Spalt aufgetan hatte.


Þingvellir bedeutet auf Deutsch: Die Ebene der Thing-Versammlung.

Gesetzesfelsen Lögberg

Hier an dieser Stelle fand von ca. 930 bis 1798 alljährlich im Juni 14 Tage lang der Althing (Alþingi) statt, das isländische Parlament. Hier traf sich alles, was Rang und Namen hatte, und vieles, was es nicht hatte. Bei den Versammlungen wurden Gesetze beschlossen, es wurde Recht gesprochen und man muss es sich wohl als riesigen Markt vorstellen, mit vielen Festen und Feierlichkeiten. Bei den Versammlungen wurden auch viele geschäftliche Vereinbarungen getroffen und unzählige Ehen arrangiert.

Viele wichtige Beschlüsse für die Zukunft des Landes wurden genau hier gefasst:

So wurde hier im Jahr 1000 die Annahme des Christentums in Island beschlossen.

Und hier wurde am 17. Juni 1944 die Republik Island ausgerufen und die Unabhängigkeit Islands erklärt.

Kein anderer Ort in Island steht so sehr für die ca. 1.200-jährige Geschichte dieses Landes wie der Thingplatz in Þingvellir.




Der Wasserfall Öxarárfoss, ein kleines Stück hinter dem Lögberg, ist vermutlich ein künstlicher Wasserfall: Bereits von den ersten Siedlern, die hier ihren Thing veranstalteten, wurde der kleine Fluss Öxará in das Tal hier umgeleitet, um all die Menschen bei den großen Versammlungen mit ausreichend frischem Wasser versorgen zu können.



Die kleine Kirche ist die Þingvallakirkja - also die Kirche der Thing-Ebene.


Die erste Kirche wurde hier vermutlich bereits kurz nach der Annahme der Christentums im Jahr 1000 gebaut. In alten Schriften wird überliefert, dass der norwegische König 1015 Holz für die Errichtung der Kirche nach Island geschickt habe.

Die heutige Kirche wurde 1859 und am 25. Dezember 1859 geweiht.

Es ist die Kirche mit der kleinsten Gemeinde Islands - zugleich aber auch eine der meistbesuchten Kirchen des Landes. Im Juni, Juli und August finden hier regelmäßig Gottesdienste statt, ansonsten meist nur einmal im Monat bzw. zu hohen Festen.

Der Hof gehört mittlerweile dem isländischen Staat. Die Häuser neben der Kirche werden auch als Gästehäuser der Regierung genutzt.  


Bereits 1930 zum 1.000-jährigen Jubiläum des Althing wurde Þingvellir zum Nationalpark erklärt. Im Jahr 2004 wurde der Park dann von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Für die meisten Isländer ist und bleibt Þingvellir "der Ort, an dem das Herz des Landes schlägt". 




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